Zurück in die Zukunft: Holz, Lehm, Kalk – „neue alte“ Baustoffe

Die aktuelle Energiekrise ist auch eine Rohstoffkrise. Bei der Frage, welche Materialien künftig im Bau und im Handwerk aus ökologischer Sicht forciert werden sollten, werden immer wieder drei Werkstoffe genannt: Holz, Lehm und Kalk. Materialien, die seit Jahrtausenden genützt werden und die alle Voraussetzungen erfüllen, um zu Baustoffen der Zukunft zu werden: klimafreundlich bei der Gewinnung und Verarbeitung, regional verfügbar, beständig, recycelbar, schadstofffrei und mit positiven Eigenschaften für ein gesundes Wohnklima. Fachleute beleuchten beim 6. Handwerksforum diesen hochaktuellen Themenkreis rund um diese “neuen alten” Materialien.

Der bekannte Holzbaupionier Erwin Thoma spricht über das “Wunder Holz”. Der im Alpenraum älteste Werkstoff findet in jüngster Zeit nicht nur im Wohnbau sondern auch im Gewerbe- und im technischen Bau immer mehr Beachtung. Zum Thema „Lehmbau: Altbestand und Erhaltung“, referiert Hubert Feiglstorfer, Roland Meingast spricht über „Lehm und Kalk – eine anspruchsvolle Beziehung“. Beide Referenten sind Lehmbauexperten (Netzwerk Lehm). Gerade in Zeiten des Klimawandels sind diese auch aus bauökologischer Sicht bedeutsamen und vielseitigen Werkstoffe ein wichtiges Thema. Über “Kalk – antikes Wissen zukunftsorientiert genutzt“ referiert Greti Zingerle (IT) von der Calchèra San Giorgio, dem Forschungszentrum für antike und hist orische Putze und Mörtel und für die Produktion von Materialien für die Restaurierung und das nachhaltige Bauen. Diana Ortner von der Abteilung Dorferneuerung des Landes Tirol berichtet von den “Bausteinen der Dorferneuerung”.

Freitag, 14. Oktober 2022
13.00 – 19.00 Uhr

VZ Salvena
Brixentaler Str. 41
6361 Hopfgarten

Programm

13.00 Uhr Begrüßung
13.15 Uhr Einführung: Christian Dummer: „Architektur – Raum in der Bauökologie”
13.30 Uhr Diana Ortner: „Bausteine der Dorferneuerung“
14.00 Uhr Hubert Feiglstorfer: „Lehmbau: Altbestand und Erhaltung“
Roland Meingast: „Lehm und Kalk – eine anspruchsvolle Beziehung“
Greti Zingerle: „Kalk – antikes Wissen zukunftsorientiert genutzt“
15.30 Uhr Pause
16.00 Uhr Erwin Thoma: „Das Wunder Holz”
17.30 Uhr Pause
18.00 Uhr Podiumsdiskussion
19.00 Uhr Ende
Moderation: Christian Dummer
(elementar Architektur)

Details Referenten + Beiträge

DIANA ORTNER – „Bausteine der Dorferneuerung”

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Die Dorferneuerung Tirol sieht sich als Servicestelle des Landes für Anliegen im öffentlichen Interesse von Privatpersonen und Gemeinden. Dabei sind lebendige Dörfer, der Erhalt von baukulturell wichtigen Gebäuden oder Ensembles, die Ortskernrevitalisierung, aber auch die Einbeziehung der Bevölkerung und handelnder Akteure Schwerpunkte, welche sich in den Agenden der Geschäftsstelle für Dorferneuerung widerspiegeln. Mit vielseitigem Angebot und individuellen Lösungen versucht die Dorferneuerung auf die unterschiedlichen Fragestellungen zu reagieren und gemeinsam neue Wege zu gehen.


Diana Ortner studierte in Innsbruck Architektur und ist seit 2005 im Landesdienst tätig. Seit Juli 2022 ist sie Leiterin der Abteilung Bodenordnung und für den Fachbereich Dorferneuerung, die Lokale Agenda 21 und den Tiroler Gestaltungsbeirat zuständig. Mit Dorferneuerung beschäftigt sie sich schon lange und mit viel Leidenschaft, 2022 vertrat sie das Land Tirol beim europäischen Dorferneuerungspreis. Zudem ist sie Mitglied des SOG-Beirates und als Vertreterin des Landes im Vorstand des Tiroler Architekturzentrums aut.

HUBERT FEIGLSTORFER – „Lehmbau: Altbestand und Erhaltung"

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Die Schwerpunktregion dieses Vortrages ist Ostösterreich, wo wir den überwiegenden Bestand an Massivlehmbauten in Österreich vorfinden. Der Vortrag nimmt Bezug zu historischen Bautechniken, welche traditionell mit Lehm in Verbindung stehen. Er blickt auf die Bedeutung dieser Traditionen in einem gegenwärtigen Kontext und auf Herausforderungen, welche sich in der Erhaltung des Lehmbaubestandes stellen.

Hubert Feiglstorfer ist Architekt und Bauhistoriker mit Schwerpunkten in vernakulärer (gewachsener, lokaler) Architektur und traditionellen Bautechniken. Lehm- und Lehmbautechniken spielen dabei eine wesentliche Rolle. Als Forscher ist er an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beschäftigt. Er lehrt in Wien an der Technischen Universität und der Universität für Bodenkultur.

ROLAND MEINGAST – „Lehm und Kalk – eine anspruchsvolle Beziehung"

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Der Vortrag von Roland Meingast geht von den unterschiedlichen Eigenschaften von Lehm und Kalk aus. Unterschiede in der Kapillarstruktur und die Auswirkungen der unterschiedlichen Kapillarität der beiden Materialien bei ihrer Kombination am Bau werden anhand von Fallbeispielen gezeigt und mögliche Konsequenzen für die Baupraxis zur Diskussion gestellt. Meingast geht in seinem Vortrag auch auf die Möglichkeiten von vorgefertigten Bauteilen in Lehm-Holz-Stroh Verbundbauweise ein.

Roland Meingast ist Lehmbaufachmann und Bauhistoriker. Er arbeitet vorrangig an Forschung und Entwicklung von neuen Lehmbautechniken für Lehm-Holz-Stroh Verbundbauweisen für die Produktion von nachhaltigen Fertigteilhäusern der Lopas GmbH (www.lopas.at). Daneben ist er in Ostösterreich als Berater für die Sanierung historischer vorindustrieller (Lehm)Altbauten tätig. Neben seinen Tätigkeiten in der Bauforschung referiert er regelmäßig an der BOKU Wien und der TU Wien und gibt so sein Wissen und seine Erfahrungen mit Naturbaustoffen weiter.

GRETI ZINGERLE – „Kalk – antikes Wissen zukunftsorientiert genutzt"

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Kalk zählt zu den ältesten Baustoffen, der sich über die Jahrtausende bewährt hat. Die Völker der Antike verfügten über ein ausführliches Wissen in Bezug auf die Wechselwirkungen und Reaktionen verschiedener Materialien untereinander, über die Aufbereitung, Zubereitung, Funktion und Verarbeitung. Kalk ist mehr als zeitgemäß und ist in der Sanierung von bestehenden Gebäuden und beim nachhaltigen Bauen unentbehrlich.

Greti Zingerle ist Restauratorin und seit 2018 im Forschungszentrum Calchèra San Giorgio für die technische und kaufmännische Leitung im deutschsprachigen Raum zuständig. Calchèra San Giorgio betreiben Forschungsarbeit betreffend Materialentwicklung für das nachhaltige Bauen, Baubiologie und Restaurierung. Zingerle: „Wir wollen mit unseren Materialien einen Beitrag für kommende Generationen leisten; wir produzieren ausschließlich zementfreie, natürliche, nachhaltige, wohngesunde und langlebige Materialien; wo können wir Ressourcen einsparen durch die Verwendung von recycelten Materialien und erneuerbaren Rohstoffen. Greti Zingerle geboren in Südtirol, lebt in Bayern und arbeitet im deutschsprachigen Raum.

ERWIN THOMA – „Das Wunder Holz – Die Rückkehr der Bäume in unser Leben"

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Erwin Thoma referiert über das Leben der Bäume und welchen enormen Nutzen man beim Bauen und Wohnen für die eigene Gesundheit und die Umwelt aus diesem Ökosystem ziehen kann. Thoma hat traditionelles Holzbauwissen durch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert und das System Holz100 entwickelt. Hier werden Kanthölzer und Bretter stehend, liegend und diagonal zu kompakten Bauelementen geschichtet und mit Buchendübeln, ganz ohne Leim und Metallteile, unlösbar miteinander verbunden. Hinsichtlich Wärmedämmung und Energieeinsparung, Abschirmung gegen extreme Hitze, Kälte, Brandschutz, aber auch Strahlenschutz, Schallschutz und Erdbebensicherheit erreicht die Bausubstanz Bestwerte.

Mit dieser Art der Massivholzbauweise ist es möglich, energieautarke Häuser oder zumindest Häuser mit sehr wenig Energiebedarf zu bauen, die vollkommen abfallfrei sind und rückstandsfrei abgebaut werden können. Mehr noch, ähnlich dem Stoffkreislauf in den Wäldern werden Bauten wieder zur werthaltigen und wiederverwendbaren Rohstoffreserve. Aber nicht nur Rohstoff wird in diesen neuen Städten nach Waldvorbild gespeichert. Es ist auch möglich, Häuser so zu bauen, dass sie hocheffiziente Energiespeicher werden.

Erwin Thoma – die Liebe zur Natur ließ ihn früh den Beschluss fassen, Förster zu werden. Wichtig für ihn waren die Begegnungen mit Geigenbauern, die bei ihm Holz für ihre Instrumente suchten, Holzknechten, die Mondholz ernteten, und Zimmerleuten, die ihm altes Holzwissen erzählten. Sie haben ihn grundlegend für das im Holz steckende Potenzial sensibilisiert. Inmitten der mächtigen Baumriesen des Karwendels studierte er die Geheimnisse des Waldes, sein Wissen setzt er auch in seiner Holzbaufirma ein, um Häuser aus 100 Prozent Holz zu bauen. Seine Entwicklungen beschäftigen mehrere Universitäten. Er nimmt die Zuhörer mit in eine Welt, die vielen fremd geworden ist: das Leben mit dem Wald, die Faszination der Bäume und das Leben mit Holz. Erwin Thoma lebt mit seiner Familie in Goldegg im Pongau.

Anmeldung erbeten!

Jetzt kostenlos anmelden (info@netzwerk-handwerk.tirol)

Die Veranstaltung ist kostenlos und richtet sich an alle an den Themen Handwerk, Gestaltung, Nachhaltigkeit, Regionalität und Handwerkskultur interessierten Menschen.

Netzwerk HandwerkAndrea Achrainer (Projektleitung)T+43 660 5023337Minfo@netzwerk-handwerk.tirol

Es wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen des 6. handwerksFORUM am Veranstaltungsort Fotos und /oder Videos angefertigt werden und zu Zwecken der Berichterstattung, Bewerbung, Nachberichterstattung und Dokumentation der Veranstaltung in den verschiedensten (sozialen) Medien veröffentlicht werden können. Für Unfälle wird nicht gehaftet.